TQJ, Heft 93, Ausgabe 3/2023

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Körpergewahrsein oder was René Descartes mit Taijiquan und Qigong zu tun hat
Von Ralf Rousseau
Unser Verhältnis zu unserem Körper ist wesentlich von unserer Sozialisation und unserer kulturellen Prägung bestimmt. Ralf Rousseau verweist auf die in der europäischen Kultur seit der Antike bestehende Trennung von Körper und Geist/Seele, die mit einer »Verdinglichung« des Körpers einhergeht. Im chinesischen Weltbild werden Innen- und Außenwelt in sehr komplexen Beziehungen wahrgenommen und nicht voneinander getrennt. Tief in den Körper hineinzuspüren, ihn von innen her wahrzunehmen ist eine Fähigkeit, die die meisten Menschen hierzulande erst wieder erlernen müssen. Als Übung hierfür bietet sich der Body-Scan aus der Vipassana-Tradition an. Im zweiten Teil seines Beitrags wird sich Ralf Rousseau mit den psychologischen und neurophysiologischen Aspekten von Körpergewahrsein und »Embodiment« beschäftigen und Verbindungen zur Praxis von Qigong und Taijiquan herstellen.

Die innere Stabilisation der Wirbelsäule
Von Andreas Holthusen
Im Taijiquan und in den meisten Qigong-Traditionen wird eine stabil aufgerichtete Haltung angestrebt, die gleichzeitig entspannt, flexibel, zentriert und gut strukturiert ist. Dabei spielen die Wirbelsäule und die sie umgebenden Gewebe eine entscheidende Rolle. Andreas Holthusen erläutert zunächst den Unterschied zwischen der dynamischen und der autochthonen Muskulatur, wobei letztere für die Stabilisierung der Wirbelsäule entscheidend ist und damit eine wesentliche Rolle bei der Vorbeugung vor Rückenschmerzen spielt. Er zeigt aus seiner Erfahrung als Physiotherapeut, wie diese tiefere Muskelebene, die wir nicht bewusst ansteuern können, durch Übungen für Koordination und Gleichgewicht aktiviert werden kann und dass die Bewegungsweise im Taijiquan dafür ebenfalls sehr geeignet ist.

Den Kleinen Kreislauf üben – Himmel und Erde verbinden
Von Franziska Ritter
Der »Kleine himmlische Kreislauf« ist eine der bekanntesten Qigong-Übungen, obgleich er zur fortgeschrittenen Praxis der Inneren Alchemie zählt. Damit der Fluss des Qi in Dumai und Renmai nicht reine Vorstellung bleibt, kann es sinnvoll sein, ihn durch gezielte Bewegungen anzuregen und die Wirbelsäule durchlässig zu machen. Franziska Ritter nutzt hierzu einerseits eine Beckenbodenübung von Benita Cantieni und andererseits die Kranichschnabelübung, mit der Wirbel für Wirbel Bewegung in die Wirbelsäule kommt. Sie beschreibt beide Übungshilfen sowie die sogenannten Passtore auf dem Kleinen Kreislauf, die mit dem Üben allmählich überwunden werden können.

»Das bringt mich runter«
Taijiquan für Menschen mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung
Von Almut Schmitz
Bei einer Posttraumatischen Belastungsstörung kann das Leben in vielerlei Hinsicht eine große Herausforderung darstellen. Während manche Betroffenen die erlebte Traumatisierung relativ zügig überwinden, entwickelt sich bei anderen ein komplexes chronisches Störungsbild, das für sie selbst und ihre Angehörigen eine langwierige erhebliche Belastung darstellt. Taijiquan kann dazu beitragen, den Organismus wieder mehr ins Gleichgewicht zu bringen, und erleichtert es, typische Symptome wie Übererregung, Flashbacks oder Schlafstörungen selbst zu regulieren. Die spezifische Art der körperlichen Bewegung vermittelt ein Gefühl von Kontrolle und Selbstwirksamkeit und kann zu einer hilfreichen Begleitung werden.

Arbeit an Geist und Seele
Der Kultivierungsaspekt im klassischen Qigong Von Joachim Stuhlmacher
Während Qigong häufig vor allem als System von Übungen zur Kultivierung der Lebensenergie wahrgenommen wird, dient es traditionell gleichzeitig der Kultivierung des Charakters. Joachim Stuhlmacher beschreibt die wesentlichen Kriterien, die dabei Orientierung bieten. In den buddhistischen Traditionen geht es darum, die »fünf Gifte des Herzens« zu reduzieren, in den daoistischen Traditionen sollen die Emotionen gemildert und die Tugenden gestärkt werden.

6th International Tai Chi Chuan Festival »Democritus of Abdera« – »Eine Begegnung mit Eudaimonia«
22. bis 25. Juni 2023 in Xanthi (GR)
Im Norden von Griechenland fand im Juni bereits zum sechsten Mal das internationale Taiji-Treffen »Democritus of Abdera« statt. Neben dem praktischen Lernen geht es hier immer auch um einen Austausch über griechische und chinesische Philosophie. Sonja Blank war als Unterrichtende in Xanthi dabei und möchte mit ihrem Bericht zu größerer Bekanntheit dieses entspannten Treffens in wunderschöner Umgebung beitragen.

20. »Drachen und Tiger«-Treffen Revival
23. bis 25. Juni 2023 in Dötlingen (D)
Das größte stilübergreifende Taijiquan-Treffen unter freiem Himmel in Deutschland, das seit 2001 auf dem Campingplatz Aschenbeck um die Sommersonnenwende herum organisiert wird, konnte nach dreijähriger Corona-Pause in diesem Jahr wieder in alter Tradition stattfinden. Jan Leminsky, der auch als Dozent vor Ort war, genoss den Austausch mit Teilnehmenden und Kolleg*innen.